Aufklärung statt Verbote
Hanauer Regierungskoalition stimmt gegen Antrag zur Vorgartensatzung
Hanau, 17.10.2023. Die Hanauer Stadtverordneten hatten sich in ihrer Sitzung am Montag mit einem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zur Einführung einer Satzung für Vorgärten und Einfriedungen auseinanderzusetzen, womit Steingärten, Kunststoffeinfriedungen und Gabionen verboten werden sollten. Mit den Stimmen der Hanauer Regierungskoalition aus SPD, CDU und FDP wurde der Antrag mehrheitlich abgelehnt.
„Während ganz Deutschland darüber nachdenkt wie wir der Überregulierung unseres Miteinanders, insbesondere beim Bauen, Herr werden und dem entgegen wirken können, haben wir alleine in diesem Jahr den fünften Oppositionsantrag, der das Ziel hat, unseren Mitmenschen das Leben etwas komplizierter zu gestalten,“ erklärt der Vorsitzende der FDP Stadtverordnetenfraktion Henrik Statz zu Beginn seiner Rede. Nach den Anträgen zur Einführung einer Solardachpflicht im März, einer Leitlinie zum nachhaltigen Bauen im Mai, einer Einwegverpackungssteuer für die Hanauer Gastronomie im Juni und einer Zisternensatzung im September, versuche man mit dem neuen Antrag erneut in den Entscheidungshorizont der Bürgerinnen und Bürger einzugreifen, Bürokratie und Personalbedarf aufzubauen und zuletzt auch den Hanauerinnen und Hanauern ins Portemonnaie zu greifen.
Bei dem letzten Antrag zur Zisternensatzung habe Statz bereits die Zunahme der Bauvorschriften von 5.000 auf 20.000 seit 1990 angemahnt und die Vermutung formuliert, dass da keiner mehr so richtig durchblicke. Beim neu zu beratenden Antrag habe man es mit einer besonderen Situation zu tun, denn während es bei den Zisternen nur eine Mustersatzung von Landesseite gab, die Städte und Gemeinden übernehmen können, gäbe es bereits ein gesetzlich geregeltes Verbot für Steingärten in Hessen.
Im Grunde wolle man in Opposition und Regierung zwar das Gleiche, da niemand bezweifle, dass Entsiegelungen und Renaturierungsmaßnahmen zur Verbesserung des Klimas, zur besseren Versickerung und zur Biodiversität beitragen würden. Steingärten, Kunststoffeinfassungen und Gabionen seien insofern nicht nur unter ästhetischen Belangen bedenklich, sie erzeugten sogar gegenteilige Effekte, von dem, was man sich eigentlich an Gestaltungen wünschte. Statz wies darauf hin, was die Stadt Hanau mit dem Entsiegelungskataster, dem Förderprogramm für Haus- und Hofbegrünung, den Bemühungen Schwammstadt zu werden und vieles mehr bereits betreibe. Die Neuerrichtung von Schottergärten sei durch die Neuauflage des Hessischen Naturschutzgesetzes ohnehin verboten. Blieben nur die Zäune, das Plastik und vielleicht die Frage des Umgangs mit dem Bestand.
Die Stadt Wiesbaden habe versucht vom Gesetz in die Umsetzung zu kommen sei dabei an ihre Grenzen gestoßen. Es fehle an Personal, um die Vorgartensatzung von 1979 zu ändern, erklärte dazu die Verwaltung. Um die Einhaltung zu kontrollieren, brauche man fünf weitere Vollzeitstellen in der Bauaufsicht. Aber nicht nur in der Umsetzung, sondern bereits in der Ausformulierung der Satzung tue sich die interdisziplinäre Arbeitsgruppe der Fachleute schwer.
Die Frankfurter Rundschau berichtete dazu kürzlich: Die Satzung zur Gestaltung von Grünflächen, Dachflächen und Stellplätzen solle nur in stark überhitzten Vierteln gelten. In anderen Vierteln wie den östlichen Vororten solle sie nicht greifen. Die Bebauungspläne würden bereits die Schottergärten verbieten, wie aber solle auch hier mit dem Bestand umgegangen werden? Es würde gerade darüber diskutiert, ob in einer Stellplatzsatzung Fahrradabstellplätze in Vorgärten zugelassen werden dürfen. Dies könnte zusätzlich zu einem Zielkonflikt mit der Pflicht der Entsiegelung und Bepflanzung führen. Deswegen schraube man laut Statz in der Landeshauptstadt eher an einer Satzung, die nach vorne blicke und den Bestand außen vor ließe. Beim Bestand führe die Bauaufsicht an, dass einzelne Hauseigentümer*innen nicht für den Verstoß gegen ein Schottergartenverbot bestraft werden dürften. Wegen der Gleichbehandlung müsse ein konzeptionelles und gestaffeltes Vorgehen erfolgen und größere zusammenhängende Wohngebiete bearbeitet werden. Dafür brauche es zusätzliches Personal, die besagten fünf Stellen, die sich dann zusätzlich mit den eigentlichen Verfahren und den Widerspruchsverfahren beschäftigen. „Wem die Abwesenheit sinnvollen Handelns nicht stört, der kann das machen. Wir aber in der Regierungskoalition sind der Meinung, dass die personellen Ressourcen in der Bauaufsicht produktiver genutzt werden können und werden deshalb den Antrag ablehnen,“ schloss Statz seine Argumentation ab. „Eigentümer von Wohnraum sind ohnehin durch zahlreiche Regulierungen belastet. Dort wo es nicht erforderlich ist, müssen wir nicht noch mehr Belastung schaffen. Wir sollten stattdessen dafür sorgen, dass die Hanauerinnen und Hanauer ein Bewusstsein für Klima- und Umweltschutz haben. Verbote sind dafür der falsche Weg. Solche Schaufensteranträge bringen uns deshalb nicht weiter,“ erklärt auch der Vorsitzende der CDU Stadtverordnetenfrakion, Pascal Reddig.
Auf den Antrag des Themas in den Struktur- und Umweltausschuss zu verweisen, erklärt die Fraktionsvorsitzende der SPD, Ute Schwarzenberger: „Die Verweisung des Antrages für eine weitere Satzung in den Struktur- und Umweltausschuss ist nicht zielführend, da mit diesem Auftrag nur die Möglichkeiten der Satzung behandelt würden. In der Sitzung des Struktur- und Umweltausschuss im Dezember soll die „Stadtnatur“ ganzheitlich betrachtet werden, hier können auch die Wirkung der Schottervorgärten, die Plastikzäune und die Steingabionen auf unser Stadtklima und die Umwelt beleuchtet und beraten werden.“
Der Antrag wurde mit den Stimmen der Regierungskoalition von SPD, CDU und FDP abgelehnt.
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