FDP Hanau: Gewerbesteuererhöhung ist bitter, aber unausweichlich – Der hessische Finanzminister prellt die Stadt Hanau um Millionen – nun müssen die Unternehmen dafür zahlen

Die FDP Hanau und ihr designierter Oberbürgermeisterkandidat Henrik Statz nehmen Stellung zum Haushaltsentwurf 2026 und der vom Magistrat angekündigten Anhebung des Gewerbesteuer-Hebesatzes von 430 auf 458 Punkte – der ersten Erhöhung seit 32 Jahren, die einem Plus von 6,4 Prozent entspricht. Die Hanauer Liberalen sprechen von einer „bitteren, aber unter den gegebenen Umständen unvermeidlichen Entscheidung“ – und machen zugleich klar, dass die Verantwortung für diese Situation nicht bei der Stadt Hanau, sondern allein bei der Finanzpolitik von Bund und Land Hessen liegt.
„Weder ein beschleunigtes Abschmelzen der Rücklage noch neue Kassenkredite würden dem strukturellen Problem irgendetwas entgegensetzen“, erklärt Statz. Hanau verfüge zwar über Rücklagen von über 40 Millionen Euro, „doch wer glaubt, damit ließe sich der langfristige Investitionsbedarf und Aufgabenanstieg kompensieren, der verkennt die Realität.“ Kassenkredite seien „der Einstieg in eine finanzielle Abwärtsspirale“, die die Stadt auf Jahre handlungsunfähig machen würde.
Die FDP Hanau kritisiert, dass Kommunen seit Jahren immer mehr Aufgaben aufgedrückt bekommen, deren Finanzierung nicht ausreichend von Land oder Bund kompensiert wird – etwa im Bereich Soziales, Migration, Bildung, Ganztagsbetreuung, Digitalisierung oder Sicherheit. „Das Konnexitätsprinzip – wer bestellt, bezahlt – ist in Hessen und im Bund politisch außer Kraft gesetzt“, so Statz. „Schwarz-rot in Wiesbaden wie in Berlin überbietet sich darin, Kommunen neue Pflichten aufzuerlegen, aber die Finanzierung zu verweigern.“ Das Konnexitätsprinzip als Grundprinzip der Staatsfinanzierung ist zum wohlfeilen Lippenbekenntnis von Landes- und Bundespolitikern mutiert. Der hessische Finanzminister Lorz prellt die Stadt Hanau um Millionen.
Besonders kritisch sieht die FDP den Druck des Landes Hessen, Kommunen auf den vom Land errechneten Nivellierungshebesatz zu zwingen, der in Hanau bei den genannten 458 Punkten liegt, auf die erhöht werden soll. Dabei rechnet das Land die Kommunen künstlich reich, indem es für seine Berechnungen der Zuweisungen an Kommunen im kommunalen Finanzausgleich, nicht den realen Hebesatz, sondern den von ihm vorgegebenen höheren Nivellierungswert ansetzt. „Das bedeutet: Wer seine Bürger und Unternehmen entlastet, wird doppelt bestraft – mit geringeren Zuweisungen und zusätzlichem Druck zur Steuererhöhung“, kritisiert Statz. Eine Unterschreitung der Nivellierungssätze hätte zudem negative Effekte auf Klinikumlage und die Beiträge an den Landeswohlfahrtsverband. Somit hätte eine Nichtanpassung eine Dreifachwirkung.
Ab dem kommenden Jahr erhält Hanau im Vergleich der kreisfreien Städte deutlich zu geringere Schlüsselzuweisungen vom Land. Hanau wird dadurch finanziell nicht wie eine kreisfreie Stadt ausgestattet. Für Statz ist das ein Skandal: „Die Vorstellung, so der hessische Finanzminister Lorz, Hanau würde langsam in die Kreisfreiheit hineinwachsen, ist absurd. Die Aufgaben fallen schlagartig am 1. Januar 2026 an – nicht Stück für Stück. Hanau müsse viele Aufgaben neu übernehmen, das sei auch so bei den Bemühungen zur Kreisfreiheit klar und eingepreist gewesen. Dass Innenminister Roman Poseck bei der
Debatte zur Kreisfreiheit die finanzielle Gleichbehandlung Hanaus als neue Großstadt im Landtag noch als Selbstverständlichkeit darstellte, das Land Hessen nun die neue Rolle der Brüder Grimm Stadt ignoriere, unterstreicht die ohnehin schon verfestigte Meinung, dass die Landesregierung nur auf sich schaue und sich nicht für die Herausforderungen der Kommunen interessiere. Dass Finanzminister Lorz neue Schulden aufnehme, um die Mittel nicht auf die Handlungsebene der Kommunen weiterzugeben, sondern sie aufs Sparkonto zu legen, lässt einen innerlich die Hände überm Kopf zusammenschlagen.“ Bereits seit 2018 sei das Land Hessen über das Vorhaben, dass Hanau kreisfrei werden wolle, vollumfänglich informiert. „Das Land hatte sieben Jahre Zeit, die Logik einer kreisfreien Stadt Hanau im Kommunalen Finanzausgleich abzubilden – und hat nichts getan“, so Statz. Damit zwinge das Land nun mittelbar über die für Hanau unvermeidbare Gewerbesteueranpassung die Unternehmen dazu, die Versäumnisse Wiesbadens auszubaden. Diese Verfahrensweise des Landes Hessen kann nur als administratives und finanzielles Armutszeugnis qualifiziert werden.
Oberbürgermeister Claus Kaminsky verweist darauf, dass nur gewinnstarke Unternehmen zahlen. „Richtig“, sagt Statz – „aber zur Wahrheit gehört auch, dass bei Selbständigen und Einzelunternehmern der Überschuss ihr persönlicher Lohn ist.“ Diese würden nun direkt belastet, weil die Gewerbesteuer eine sogenannte Definitivsteuer darstellt, da sie mit keiner anderen Steuerart verrechnet werden kann. Zudem müssten Gewerbesteuer und Körperschaftsteuer zusammen deutlich unter der 30-Prozent-Marke bleiben, um die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts, gerade auch globaler Konzernunternehmen, nicht zu gefährden. Statz verweist auf die ökonomische Logik, dass neue oder erhöhte Steuern „immer als schlecht empfunden werden“, während bestehende Belastungen als etabliert gelten. „Wir dürfen nicht in eine Situation geraten, in der die Erhöhung dauerhaft als „neue“ Steuer wirkt, die Anpassungsprozesse auslöst und Wettbewerbsnachteile verschärft. Deshalb muss klar sein: Dies muss eine Einzelfallmaßnahme sein, kein Einstieg in eine Serie von Steuererhöhungen.“ Sobald Hanau vom Land gleichgestellt wird, müssen erhöhte Steuern auch wieder reduziert werden.
Die FDP regt deshalb an, ein juristisches Gutachten darüber einzuholen, ob gegen die Finanzpraxis des Landes Hessen geklagt werden kann. „Auch wenn Verwaltungsgerichte Ministerien oft großen Gestaltungsspielraum einräumen – wir dürfen nicht länger hinnehmen, dass Kommunen strukturell unterfinanziert und in Steuererhöhungen, sprich in der Konsequenz Mehrbelastungen für Unternehmen und Bürgerschaft gedrängt werden.“
Trotz der schwierigen Lage begrüßt die FDP, dass Gebühren für Müll, Abwasser, Kitas, Friedhöfe und Grundsteuer stabil bleiben. Die Erhöhung der Gewerbesteuer bleibe gleichwohl „ein schmerzhafter Schritt, den sich Oberbürgermeister Claus Kaminsky bei der Aufstellung seines letzten Haushalts sicher gerne erspart hätte.“ „Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass Hanau weiterhin ein attraktiver, anziehender und starker Wirtschaftsstandort bleibt und Unternehmen Planungssicherheit haben. Gleichzeitig müssen wir dem Land klar machen: Die Kommunen sind nicht länger der Rettungsschirm für die Versäumnisse anderer Ebenen.“

