Die Digitalisierung von Schule und Bildung darf nicht zur leeren Phrase verkommen.
FDP Hanau fordert Digitaloffensive an weiterführenden Schulen.
In Fragen der Digitalisierung der Schulen gilt Deutschland als Entwicklungsland. Das digitalste an den Schulen sind heute die Pausen, die fest in der Hand von Smartphone & Co sind, doch im Regelunterricht beschäftigt man sich weder mit den technischen noch mit den kulturellen Veränderungen, die die Digitalisierung mit sich bringen.
Faktisch bestimmt die Digitalisierung schon seit Jahren den Alltag von Kindern und Jugendlichen – und vielleicht ist das auch gar nicht so schlecht, wenn man auf die Arbeitswelt blickt, denn viele der Jobs in denen die heutigen Schulkinder einmal arbeiten werden, gibt es heute noch gar nicht. Dass sie mit digitalen Medien zu tun haben werden, dürfte sehr wahrscheinlich sein. Hier auch im Curriculum und in der Schulinfrastruktur nachzubessern, hat die Politik schon vor Jahren erkannt – und nicht zuletzt war es die ehemalige Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU), die 2016 mit Ihrem „DigitalPakt#D“ den deutschen Schulen fünf Milliarden Euro in Aussicht gestellt hatte, um sie „fit für die digitale Welt“ zu machen. Fünf Milliarden für moderne IT-Ausstattung und Ausbildung der Lehrkräfte. Das klingt zu gut um wahr zu sein. Und so ist es auch. Die Schulen befinden sich immer noch in der Kreidezeit. Die technische Ausstattung hinkt weit hinter den eigenen Ansprüchen der Bildungseinrichtungen her, Lehrer werden kaum aus- oder fortgebildet, der Unterricht bleibt weitgehend analog. Experten aller Fachgebiete sind sich einig, dass Eile geboten ist, wenn man im weltweiten Vergleich nicht endgültig abgehängt werden will, doch die Praxis zeigt, dass an vielen Orten bis heute Luft nach oben ist. Von den Wanka Milliarden ist nichts in Sicht und auch die Länder lassen die Kommunen und ihre Schulen zu oft bei der Sicherung ihrer Zukunftsfähigkeit im Stich.
Um sich von der Situation vor Ort ein Bild zu machen, nahm der Vorsitzende der Hanauer FDP und ehemalige Schüler der Hohen Landesschule, Henrik Statz, im Rahmen des pädagogischen Tags an der Arbeitsgruppe Medienkonzept seiner alten Schule teil. Als Reaktion auf die zunehmende Smartphone Nutzung an der Schule entstand hier bereits vor zwei Jahren eigeninitiativ das Fach Medienkunde. Hier wird den Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufe 5 sowohl der Umgang mit Standard-Software wie Office-Programmen als auch die Tragweite der Nutzung von Social Media und Messenger Diensten wie WhatsApp vermittelt – schließlich ist die Hürde für einen Missbrauch dieser Medien oft nur ein Klick entfernt. Eine verantwortungsvolle und selbstbestimmte Nutzung von Medien ist das Ziel des Fachs Medienkunde an der Hohen Landesschule, das ab dem kommenden Schuljahr erstmalig nicht nur in Klasse 5, sondern auch in der Jahrgangsstufe 6 unterrichtet wird und somit die Brücke zum Informatikunterricht in den Folgejahren baut. Zuerst die geistes- und sozialwissenschaftliche Betrachtung, dann die die Vermittlung der technischen Kompetenzen. Doch wie sollen technische Fragen von Gegenwart und Zukunft behandelt werden, wenn die IT-Infrastruktur schon allein optisch an die Sprachlabore der 1980er Jahre erinnert? Die Hessische Landesregierung schreibt in ihrer Publikation zur Digitalstrategie „In der Vermittlung von Kompetenzen zur didaktisch fundierten Nutzung digitaler Medien im Unterricht und zum handlungsorientieren sowie kritisch-reflektierten Umgang mit ihnen wird eine wesentliche Aufgabe zukunftsorientierter Lehrerbildung gesehen.“ Bis heute passiert – bis auf eigene Initiativen wie an der Hohen Landesschule zu wenig. Schulleiterin Sabine Schaetzke hat die Notwendigkeit einer digitalen Schulbildung schon vor Jahren erkannt und plant sogar zeitnah ein entsprechendes Schwerpunktprofil „Digitale Medien/Informatik“ für die Lernenden der Hohen Landesschule ab Klasse 5 anzubieten.
Doch wie will man ein solches Angebot glaubwürdig vermitteln, wenn es von Seiten des Landes an dem Nötigsten fehlt? Die gesamte Hohe Landesschule ist mit 16m/bit unterwegs, Hardware und Software sind veraltet, die von Bund und Land in Aussicht gestellten Mittel sind noch lange nicht auf den Weg gebracht. Somit haben Schulen und die kommunale Schulverwaltungen lediglich die Chance durch eigene Initiative notwendige Investitionen zu tätigen. Aber auch hier läuft nicht immer alles reibungslos. Auf die einst vom Bund versprochenen Mittel wartet keiner mehr. Wieder eine Chance vertan aber trotzdem werden Schulen wie die Hohe Landesschule weiter an ihrem Konzept arbeiten. „Die Digitalisierung ist im vollen Gang und wird sich weiterhin auf nahezu alle Lebensbereiche auswirken. Somit gibt es für die Hohe Landesschule gar keine Alternative als das Thema in die Stundentafel aufzunehmen – auch wenn es derzeit politisch zwar gewünscht aber sich die Umsetzung im Alltag als schwierig erweist,“ erklärt Schaetzke weiter.
„Bildung ist unsere größte Chance im nationalen und internationalen Wettbewerb, wenn es um die Zukunftsperspektiven unserer Kinder geht. Diese Chance darf nicht verspielt werden, weil die Kommunen nicht genügend Mittel zu Verfügung haben, die technische Infrastruktur fehlt oder das Kultusministerium mit angezogener Handbremse unterwegs ist. Dieses Handeln durch Unterlassen und Verhindern von Eigeninitiative verspielt die Zukunft unserer Kinder,“ sagt dazu Henrik Statz von den Hanauer Liberalen und fordert ein radikales Umdenken in der Schulpolitik des Landes Hessen und eine bessere Unterstützung der Kommunen. Sonst verkommt die Digitalisierung der Bildung zur leeren Phrase.