Notparlament beschließt Doppelhaushalt
Zur Genehmigung des Doppelhaushalts 2020/2021 der Stadt Hanau durch die im Rathaus vertretenen Parteien nimmt die FDP-Fraktion Stellung. „Für alle Beteiligten war es eine merkwürdige Erfahrung einer Haushaltsplanung zuzustimmen, die bereits vor der Verabschiedung aufgrund der Pandemie-Folgen Makulatur war. Gleichwohl war die Zustimmung im „Notparlament“ Haupt- und Finanzausschuss notwendig und geboten, um die Handlungsfähigkeit des Magistrats zu sichern“, wie der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Dr. Hans-Volker Lill, erläuterte.
Denn „ohne diese Zustimmung hätte der Magistrat keinerlei Entscheidungsspielräume für notwendige Maßnahmen über das absolute finanzielle Minimum hinaus gehabt“, ergänzt der Vorsitzende der FDP-Fraktion, Holger Vogt.
Aber auch nach der Zustimmung bleiben die finanziellen Aussichten mehr als düster. Gestartet war der Haushaltsplan, aufsetzend auf den außerordentlich guten Haushaltsergebnisse bis 2019, mit der Erwartung steigender Einnahmen, mit denen ehrgeizige Ziele insbesondere im investiven Bereich verbunden waren.
Jedem Beteiligten ist klar, dass nicht nur die angesetzten Steigerungen der Einnahmenplanung nicht eintreten werden, sondern dass die Einnahmen insbesondere bei der konjunkturabhängigen Gewerbesteuer, aber auch bei den Einkommen- und Umsatzsteuerzuweisungen in einem zur Zeit noch nicht berechenbaren, gewaltigen Maße wegbrechen werden.
So ist der finanzpolitische Neustart, den die Stadt Hanau seit 2016 mit großen Anstrengungen gemeistert hat, abrupt zum Ende gekommen. Befürchtet werden muss, dass für Investitionen über das absolut notwendige Minimum hinaus, kein Raum mehr ist. Befürchtet werden muss darüber hinaus, dass selbst notwendige konsumtive Ausgaben nicht mehr durch die Einnahmen aufgefangen werden können, so dass durchaus – und das ist dann weder durch die Politik verschuldet, noch vermeidbar – die in Verruf geratenen Kassenkredite wieder benötigt werden, so dass der Verschuldungsgrad wieder Niveaus erreicht, die letztmals seit 2008 im Zuge der Finanzkrise zu verzeichnen waren.
Gefordert sind Land und Bund, die Verwerfungen der kommunalen Haushalte abzufedern. Zumindest muss auch für Hanau sichergestellt werden, dass die Stadt ihren sozialen Kernaufgaben weiterhin nachkommen kann.
Von den ehrgeizigen Millionen-Investitionen in Infrastruktur, Straßen, Plätze, Radwege usw. wird man sich zumindest mittelfristig verabschieden müssen.
Ziel wird es sein, so viele Aufgaben stemmen zu können, dass es nicht in der Folge zu sozialen Verwerfungen kommt, etwa, weil Kindergartenplätze einfach nicht mehr angeboten werden können.
Grundsätzliches Problem aller Haushaltsansätze, die die FDP-Fraktion in der Vergangenheit begleitet hat, ist die Prognoseunsicherheit in Bezug auf konjunktursensible Einnahmen. Das gilt insbesondere für die Gewerbesteuer, die in einem bisher nicht bekannten Ausmaß einbrechen wird. Die Liberalen kämpfen seit langem für ein neues kommunales Steuersystem, das an die Stelle der Gewerbesteuer eine Kommunalsteuer setzt, die – wie z.B. bei der Kirchensteuer – mit einem prozentualen Zuschlag auf Einkommens- und Körperschaftsteuer erhoben wird und den Städten und Gemeinden in vollem Umfang zufließt.
Jede Krise geht vorbei und in jeder Krise liegt eine Chance. Vielleicht gelingt es im Zuge dieser Krise langfristig, die Instrumente zu schaffen, um die Kommunalfinanzierung in Zukunft planbarer zu machen.