MEHR TRANSPARENZ UND VERLÄSSLICHKEIT STATT BÜROKRATIE UND ÜBERREGULIERUNG
FDP HANAU UND MAIN-KINZIG IM GESPRÄCH MIT HANAUER WIRTSCHAFTSJUNIOREN
Was muss getan, werden, dass sich junge Menschen wieder häufiger dazu entschließen, ihr eigenes Unternehmen zu gründen. Das war die Kernfrage im Austausch der Sprecher der Hanauer Wirtschaftsjunioren Nicole Schimmelpfennig und Kolja Erdmann mit dem Vorsitzenden der FDP Main-Kinzig, Daniel Protzmann, dem Vorsitzenden der FDP Hanau, Henrik Statz und dem stellvertretenden Hanauer Vorsitzenden, Prof. Dr. Michael Weller.
„Die meisten Gründungen in Hanau und dem Main-Kinzig-Kreis resultieren daraus, dass Menschen etwas besonders gut können,“ erklärt Kolja Erdmann, Sprecher der Hanauer Wirtschaftsjunioren. „Sie haben oft bereits in anderen Unternehmen gearbeitet und eine Chance in der Spezialisierung gesehen. Geschäftsideen aus heiterem Himmel sind eher die Ausnahme, auch das vermeintlich notwendige Startkapital schreckt viele ab,“ so Erdmann weiter.
Laut einer Studie des Zukunftsinstituts können sich zwar 40% der Generation Y, also der Menschen, die zwischen 1980 und 1999 geboren wurden, eine berufliche Selbständigkeit vorstellen, doch gibt es gewaltige Unterschiede zwischen der Bereitschaft als Freelancer zu arbeiten und ein Startup zu gründen. Das zeigt sich auch bei den Kriterien des bevorzugten Arbeitgebers. Während gut ein Drittel auf eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst hinarbeitet, rangieren Startup-Firmen mit 4% auf dem letzten Platz. Der Freilauf im hochkreativen Arbeitsumfeld mit asynchronen Arbeitszeiten und unkalkulierbarer Zukunft schreckt viele junge Menschen ab. Aus der Solo-Selbständigkeit ein größeres Unternehmen zu gründen, bedeutet einen beachtlichen Mehraufwand an Administration und Bürokratie, weswegen viele versuchen, diesen Schritt so lange wie möglich hinauszuschieben. Dabei wären bei früherem Anfang die Erfolgsaussichten besser und es würde dem Arbeitsmarkt gut tun. „Viele potenzielle Gründer scheuen gar nicht das unternehmerische Risiko, sondern den bürokratischen Aufwand und die rechtlichen Rahmenbedingungen, zum Beispiel im Arbeitsrecht“ erklärt Nicole Schimmelpfennig, ebenfalls Sprecherin der Hanauer Wirtschaftsjunioren. „Bei den Wirtschaftsjunioren versuchen wir ein Netzwerk junger Unternehmerinnen und Unternehmer aufzubauen, in dem man sich in den immer wieder aufkommenden Fragen austauschen und gegenseitig beraten kann.“
Der Vorsitzende der FDP Main-Kinzig, Daniel Protzmann und der Vorsitzende der FDP Hanau, Henrik Statz, haben ebenfalls vor wenigen Jahren den Sprung aus der Soloselbständigkeit in andere Unternehmensformen hinter sich gebracht und stoßen bei den Paralleluniversen der Verwaltungen immer wieder an Grenzen oder auf seitenlange Papieranträge für Belanglosigkeiten. „Ich habe mein erstes Unternehmen im Jahr 1996 gegründet und dachte, ich wäre ein alter Hase, als ich im Jahr 2018 mein Einzelunternehmen in eine GmbH einbringen wollte. Ein Vorgang, der eigentlich Routine sein müsste aber sehr komplexe Risiken mit sich brachte,“ berichtet Henrik Statz. „Schon damals dachte ich mir, dass man für Gründer eine Art One-Stop-Shop mit ganzheitlicher Beratung schaffen müsste, wo an zentraler Stelle alle notwendigen Behördengänge zusammenlaufen und dies als öffentliche Dienstleistung anbietet. Ohne einen versierten Steuerberater ist man in Deutschland sehr schnell verloren. Und das kann weder im Interesse der Wertschöpfenden, noch im Interesse des Staates sein.“ Und tatsächlich, wer mehr als ein Einzelunternehmen gründet, hat gleich viele Stellen abzuklappern und einiges an Geld auf den Tisch zu legen, bevor er den ersten Euro verdienen kann. Eine Verzahnung wäre hier sicher hilfreich. So kann ein Gründer derzeit von Wirtschaftspaten, zu Steuerberater, Notar oder Anwalt, zum Gewerbeamt, zur Bank, zum Amtsgericht, zur Industrie- und Handelskammer und gegebenenfalls weiter zur Wirtschaftsförderung marschieren. Hinzu kommen Fragen der Berufsgenossenschaften, Krankenkassen, Sozial- und Rentenversicherung. „Auch die Digitalisierung könnte hier vieles erleichtern, wenn solche Prozessketten ohne Medienbruch, sprich ohne Wechsel vom Digitalen zu Papier und dann wieder zu Digital, funktionieren würden,“ stellt Daniel Protzmann fest.
Dass die Gründung von Unternehmen nicht im Fokus der Regierungen in Bund und Ländern liegt, zeigt sich auch daran, wie wenig solche Themen im Schulunterricht vorkommen, dabei wäre laut Kolja Erdmann genau hier der richtige Startpunkt, um sich über ein eigenes Unternehmen Gedanken zu machen. Ein eigenes Schulfach Wirtschaft oder auch das Experimentieren mit z.B. von Schülern betriebenen Popup-Stores könnte hier viel Kreativität in Bewegung bringen.
Aktuell wünschen sich die Sprecher der Wirtschaftsjunioren mehr Transparenz und Verlässlichkeit von Politik und Verwaltung. Viele Unternehmen sind derzeit durch pandemiebedingten Lockdown ohne eigenes Verschulden in Schieflage geraten. „Wenn dann Anträge nur kostenpflichtig über Steuerberater gestellt werden können oder wegen der involvierten Risiken sollten, gleichzeitig die Politik aber das Kleingedruckte der Förderkriterien ändert und u.U. die Förderfähigkeit wegfällt, wird viel Vertrauen verspielt. Das muss sich dringend ändern,“ findet der stellvertretende Vorsitzende der FDP Hanau, Prof. Dr. Michael Weller. Die Politik ist für die Menschen da und zu diesen zählen auch die vielen Unternehmerinnen und Unternehmer.