Keine Mehrbelastung für Hanaus Bürgerinnen und Bürger

06.06.2022

Sehr geehrte Frau Stadtverordnetenvorsteherin, werte Kolleginnen und Kollegen,

Vor gut einem Jahr fanden die ersten Beratungen zu dem Koalitionsvertrag der aktuellen Wahlperiode und die damit einhergehende  Schwerpunktsetzung des Haushalts für die Jahre 2022 und 2023 statt. Sollten sich die in Hanau gewerbesteuerzahlenden Unternehmen nicht von den Gewinneinbußen während der Pandemie erholen, könnte vieles von dem, was von allen als dringend notwendig erachtet wird, nicht angegangen werden. Nach gut 80 Millionen Gewerbesteuereinnahmen in 2019 standen in 2020 die Einnahmen gerade einmal bei der Hälfte. Schon fast sicher geglaubte 40 Millionen Euro lösten sich im Kontext der Pandemie in Luft auf und trotz offenkundiger Erholungen fiel die erste Prognose für 2020 mit 60 Millionen, also dem Mittelwert zwischen 2019 und 2020, ebenfalls nur vorsichtig optimistisch aus. Zu wenig, um die großen Herausforderungen, derer sich die Stadt Hanau zu stellen hat, mit solidem Besteck anzugehen.

Aber nicht zuletzt der liberale Optimismus der Hanauer FDP, allen voran durch unseren ehemaligen haushaltspolitischen Sprecher, Dr. Hans-Volker Lill, der Gewerbesteuereinnahmen zur Jahresfrist wieder 21/22 auf Vor-Pandemie-Niveau prognostizierte, konnten im Raum stehende Steuererhöhungen als Ultima Ratio und somit Mehrbelastungen für die Hanauer Bürgerinnen und Bürger verhindert werden. Im Koalitionsvertrag wurde dazu wörtlich vereinbart, es müsse künftig „eine gesunde Balance aus Gaspedal und Bremse gefunden werden. Statt einer wachstumsblockierenden Politik der bedingungslosen Austerität wollen wir die vordringlichen Investitionen und Großprojekte entschlossen angehen, um Hanau auch für zukünftige Generationen zu einem lebenswerten Zuhause und attraktiven Standort für gesunde Unternehmen zu machen.“ Dieser selbst formulierte Auftrag zeigte sich mit der Einbringung des Haushaltsentwurfs zu Beginn des Jahres, ein Entwurf des gesteigerten, aber noch lange nicht euphorischen, Optimismus.

Optimismus brauchte und braucht es auch, schließlich reden wir beim vorliegenden Entwurf über nichts anderes als das größte Investitionsprogramm in der Geschichte der Stadt Hanau. Gleichzeitig reden wir aber nicht über ein Wunschkonzert, denn die Entwicklungen machen die bislang solide Planung zu einem überaus ambitionierten Vorhaben. Was uns dabei Sorge bereitet:

35,3% Steigerung im Vergleich zum Vorjahresmonat bei den Energiepreisen, 8,6% Steigerung bei Nahrungsmitteln, 3,2% Steigerung bei Dienstleistungen, insgesamt lag die Inflationsrate im April 2022 bei 7,4%. Die Menschen ächzen unter steigenden Preisen. Um einer drohenden Stagflation vorzubeugen, ist es auch ein wichtiges Signal, kommunale Investitionsprojekte weiter voran zu treiben. Und das ist der Plan.

Wir alle hatten gehofft, dass wir durch die Aufklarung des Himmels hinter der Coronawolke zurück zu alter Stärke finden würden und auch die Unternehmen, von deren Erfolg wir proportional profitieren, zeigten sich robust. Doch mit den Angriffskrieg auf die Ukraine sind auch wir ehrenamtlichen Kommunalpolitiker in einer anderen Welt aufgewacht und das Bild von Gaspedal und Bremse wird erneut sichtbar, allerdings klarer als uns das lieb war oder ist.

Ja, wir müssen investieren und dürfen gleichzeitig nur so viel in die Hand nehmen wie wir haben, denn das denkbar schlechteste Signal wäre es jetzt, den ohnehin über die Maßen belasteten Bürgerinnen und Bürgern mehr abzuverlangen als sie ohnehin schon leisten.

Wir wollen uns nicht dem Verdacht aussetzen, dass die im Bund auf den Weg gebrachten Entlastungen auf der kommunalen Ebene zur Sanierung der Haushalte wieder aufgefressen werden. Deswegen gilt weiter die Priorisierung und die Konzentration auf das wesentliche. Und das sehen wir in dem zu beschließenden Entwurf sehr gut abgebildet.

Mehr geht natürlich immer, man darf aber nicht müde werden, stoisch darauf hinzuweisen, dass das Geld, das wir hier scheinbar leichtfüßig investieren, nicht vom Himmel gefallen ist. Unsere erste Pflicht ist, und dafür stehen die Liberalen traditionell, peinlichst darauf zu achten, dass uns nicht das Geld anderer Leute ausgeht. Andere Leute sind hier die Hanauerinnen und Hanauer sowie die Unternehmen, die alle mit vereinten Kräften ihren wertvollen Beitrag leisten, um unser Projekt Stadt voranzutreiben.

Mit Auskömmlichkeit an die Spitze zu kommen, ist unser Ziel und trotz aller Widrigkeiten sehen wir uns hier auf einem sehr guten Weg.

Wir sehen die großen Herausforderungen, die auf die öffentlichen Haushalte zukommen: Infrastruktur, Verkehr, Digitalisierung, Schulen, Kinderbetreuung, Energieversorgung, soziale Prävention, Gesundheit, Klimawandel und Stadtentwicklung – und wir wollen sie alle sehr ernst nehmen und entschlossen angehen, wir müssen aber auch akzeptieren, dass wir gleichermaßen von Energiepreis-Explosionen und der fast schon trabenden Inflation mit den Folgen für Personal und Beschaffung zu kämpfen haben, alles andere wäre töricht und mehr als fahrlässig. Umso mehr müssen wir darauf achten, gerade die Kosten in Schach und Proporz zu halten, die dauerhaft unauflösbare Verpflichtungen in den Haushalten der kommenden Jahre auslösen und zugleich große Gefahren für das gesamtwirtschaftliche Wachstum und für unseren Wohlstand begründen.

Die höchste Raison bedeutet in unseren Augen, darauf zu achten, dass die Rechnung am Ende des Tages aufgeht: Generationengerechtigkeit, Schuldenbremse und das Ziel der Wettbewerbsfähigkeit – all das lässt sich unter einen Hut bringen. Davon sind wir zutiefst überzeugt! Deswegen stimmen wir dem Haushaltsentwurf zu. Vielen Dank!